Der Optio – Die Asche Legion Teil II

Hier der zweite Teil meiner Kurzgeschichtenreihe. Viel Vergnügen!

Der Optio

Während das Lagerfeuer fröhlich hinter ihm prasselte, lächelte Lucius gleichmütig herab auf den kleineren Geomar. »Dann sollte ich wohl damit beginnen, Dir meine Männer vorzustellen.«
Er bedeutete dem jungen Wanderer sich wieder zu setzen und ging dann zu einem Untoten mit breiten Schultern und schütterem Haar herüber. Der ehemalige Legionär trug einen voluminösen Pelzmantel über der verbrannten Rüstung. Lucius legte die rechte Hand auf seine Schulter.
»Dies hier ist Maengon Zrech, mein Optio.«
Geomar stutzte. »Ein Optio? Ein strategischer Berater bei einer Truppe von nur elf Legionären?«
»Maengon ist weit mehr als das. Natürlich ist er ein hervorragender Stratege. Er ist einer der wenigen unter uns, der eine formale Ausbildung in einer Militärschule hatte und hat mehr als fünfzehn Jahre als Optio des ersten Zenturions der ersten Kohorte des Heeres gedient. Aber als meine rechte Hand ist er vor allem ein nahezu unbesiegbarer Kämpfer.«
Mit einem kurzen Seitwärtsschritt kam Lucius neben dem kleineren Verbrannten zu stehen, der sich zuvor für die Kristallkugel interessiert hatte und einen Kapuzenmantel trug. »Baltazar Galmerion hier ist unser Magier. Alle arkanen Belange lege ich vertrauensvoll in seine Hände.«
Der Zauberer warf Geomar ein selbstbewusstes – und unheimliches – Lächeln zu, während Lucius zu seinem nächsten Untergebenen kam. »Dieses Biest von einem Mann…« – selbst sitzend reichte der Hüne seinem Decurio bis zur Schulter – »…heißt Kubwa Brenum. Er wirft den größten Schatten von uns allen.« Der riesenhafte Untote winkte gelassen zu Geomar.
»Neben ihm sitzt Portius Pius Cato, der Veteran unter uns. Auch wenn zwanzig Jahre nach unseren heutigen Maßstäben kaum von Bedeutung sein dürften, nicht wahr, Portius?« Der verbrannte Legionär wirkte tatsächlich etwas älter. Sein grauer Vollbart war recht gut erhalten, seine rechte Gesichtshälfte von einer langen Narbe geziert die offenbar allen Verbrennungen Stand gehalten hatte. An seiner Schulter ruhte ein großes zweihändiges Schwert mit reich verzierter Scheide.
»Zu Deiner Linken haben wir Atreus Roh. Er ist ein gesegneter Bogenschütze und einmal aus den kaiserlichen Legionen desertiert, bevor er sich uns angeschlossen hat.« Neben Geomar saß ein Verbrannter mit vergleichsweise schmalen Körperbau aber hohem Wuchs. Er machte sich nicht die Mühe, seinen Kopf zu Geomar zu wenden.
»Vorhin hat Dich Lex Uciniae im Wald gefunden. Er und Relix Sulla sind unsere Späher und Fährtensucher. Sie sehen sich zwar nicht ähnlich – sahen es auch nicht vor unserer Feuerweihe – aber wir nennen sie trotzdem die Brüder. Im Kampf sind die beiden unzertrennlich.«
Geomar dachte an die Hand, das Erste was er von dieser untoten Legion zu sehen bekommen hatte, und ein Schauer lief ihm über den Rücken. Relix war zwar direkt nach seiner Ankunft auf Patrouille geschickt worden, aber von Lex kannte er wirklich nur die verkohlte Pranke.
»Auf Deiner anderen Seite siehst Du Livius Notte, unseren Meuchelmörder. Bevor er sich meiner Kohorte angeschlossen hat, war ein unter dem Namen Nachthauch in mindestens vier Städten wegen Mordes gesucht.«
Der unscheinbare Untote hielt eine Hand hoch und zeigte drei Finger. »Und eine Baronie.« Geomar schauderte es bei dem Gedanken, dieses verkohlte Gesicht könnte ihm in einer dunklen Gasse auflauern.
»Ihr habt Mörder und Deserteure in euren Reihen?«, fragte Geomar halblaut.
»Neben ihm sitzt Tantalus, der Ruhige.«, dieser Untote trug als einziger Verbände um seine offenen Brandwunden an Armen und Oberkörper. »Sein Gelübte zum Orden des trauernden Landes hat er noch im Reich Kalifur abgelegt, lange bevor er zu uns gestoßen ist. Wir nennen ihn oft Gleichmut, das beschreibt ihn ziemlich treffend.«, sagte Lucius und lächelte. Geomars Anmerkung schien er überhört zu haben. Der benannte Tantalus nickte nur knapp in Geomars Richtung.
»Zum guten Schluss haben wir dort unseren Standartenknappen Anaxibos Pelops. Unser Junge.«
Der schmale Untote mit den Resten junger Gesichtszüge hatte Geomar um das Kartenlegen gebeten. »Kommt schon, ich bin keine zehn Jahre jünger als Livius, dass wisst ihr genau. Willst Du, dass in den Geschichtsbüchern über mich nur ›der Junge‹ steht?«
»Beruhig Dich, Junge.«, sagte Kubwa mit seiner mächtigen tiefen Stimme. »Wir sind jetzt alle alt, es spielt keine Rolle. Und wie alt warst Du, als Du gestorben bist? Achtzehn?«
»Siebzehn…«, gab Anaxibos kleinlaut zurück. Dann wand er sich zu Geomar. »Und jetzt erzählen wir von unseren Ruhmestaten?«
Geomar blickte in die Runde, besah sich die zusammengewürfelte, ungleiche Truppe. »Nein. Nein, ich glaube wir sollten es anders anpacken. Ihr alle seid so ungewöhnlich, schon vor eurer…«
»Feuerweihe.«, half Lucius.
»Genau. Ich möchte die Geschichte von jedem von euch, wie ist es dazu gekommen, dass ihr diese Kohorte gebildet habt. Nur dann kann ich eurer Sage wirklich gerecht werden, wenn ich sie weitertrage.«
»Jeder seine Geschichte? Darf ich anfangen?«, vor Aufregung war Anaxibos aufgesprungen, doch Lucius wies mit einer Geste an zu schweigen.
»Ich würde sagen, Maengon sollte beginnen. Immerhin ist er meine rechte Hand.«
Der Angesprochene sah zwischen Geomar und Lucius hin und her. »Wenn Du meinst, dann fange ich aber lieber ganz vorne an, sonst versteht der Jungspund doch nichts.«

Geboren und aufgewachsen bin ich auf einem Militärgelände namens Tunbarbucht in der Nähe von Mangold, der damaligen Hauptstadt der östlichen Provinz des Kaiserreiches. Mein Vater war magischer Berater des Generals. Mein älterer Bruder Neabor und meine jüngere Schwester Kehnobe haben die Zugangsprüfungen für die Arkanschule der Legion mühelos geschafft, aber ich bin mit sieben Jahren gescheitert. Zu geringe magische Begabung. Pah.
Ich hatte die Wahl: Ein Jahr Training, Einweisung in die Magie um mein Potenzial, das Vermächtnis meiner hochmagischen Familie zu erschließen und die Prüfung zu wiederholen oder der Weg auf die gewöhnliche Militärakademie. Ich konnte die Enttäuschung in den Augen meines Vaters sehen, ein Zrech dessen Verbindung zur Magie zu schwach war. Ich war ein Kind und sie ließen mir die Wahl. Was hätte ich tun sollen? Ich konnte nicht riskieren, meinen Vater noch einmal zu enttäuschen. Also bin ich auf die Akademie.

Zehn Jahre härtester Drill, marschieren bis zum Umfallen und Taktikschulungen ohne Ende. Es war eine tolle Zeit. Ich hab alles dafür getan, dass mein Vater stolz auf mich sein würde. Acht von neun Abschlussprüfungen habe ich als Jahrgangsbester bestanden, im Ausdauertest habe ich einen neuen Akademierekord aufgestellt. Fünfundzwanzig Meilen in unter zweieinhalb Stunden.
Beeindruckt hat es meinen Vater nicht.
Mit meinen Leistungen hätte ich sofort die Offizierslaufbahn einschlagen können. Erst Decurio, dann Centurio, später vielleicht Primus oder sogar Praefectus werden. Aber ich habe ein anderes Angebot bekommen.

Einen Wink des Schicksals würden es wohl die meisten nennen, als ich auf der kleinen Abschlussfeierlichkeit auf den damaligen Praefectus Nero Syntagius Hyginus im Gespräch mit dem Akademieleiter fand.
»Sieh nur, Nero, dies hier, dies ist unser bester Schüler dieses Jahr. Was sage ich, dieses Jahrzehnt!«, hat der Leiter geprahlt und mir die Hand auf die Schulter gelegt.
»Stimmt das, junger Mann?«, hat der Praefectus gefragt. »Ihr habt meinen Rekord unterboten?«
Ich war damals zwar noch grün hinter den Ohren, aber sehr von mir überzeugt. Vermutlich wie alle Siebzehnjährigen.
»Jaja.«, hab ich geprotzt. »Und ich hätte auch die Bestleistung im Speerwurf überboten, wenn der Wind nicht so ungünstig gestanden hätte.«
»Strategisch sollt Ihr auch ein paar Finessen entwickelt haben…«
»Der Praefectus belieben zu untertreiben.«, hab ich ihm ins Gesicht gesagt. »Mehrere der alten Taktiken aus den Lehrbüchern von Galymedum und Horaklit habe ich deutlich verbessert und meine Abschlussarbeit wird weite Teile der heute üblichen Strategien überflüssig machen. Dieser neidische Hundesohn Jungapius hat das mit seinem Wachtelhirn bloß noch nicht verstanden.«
Praefectus Hyginus hat daraufhin fragend zum Akademieleiter gesehen.
»Der neue Dozent für fortgeschrittene Feldstrategien.«, gab dieser dem Preafectus Auskunft. Dann hat er sich an mich gewandt. »Und Zrech, über Eure ungebührliche Art mit den Dozenten, immerhin Euren Vorgesetzten, umzugehen haben wir ausgiebig gesprochen.«
Ich habe ihm stoisch ins Gesicht geblickt. Immerhin sah ich mich im Recht, Jungapius war ein absoluter Vollidiot, meine Abhandlung brillant und er hat mir nur fünfundachtzig von hundert Punkten gegeben.
»Tja…«, der Praefectus hat seinen Kopf leicht geschüttelt während er sprach. »Es ist ein Jammer, dass die Militärschule Euch nicht die arrogante Art der Zrechs ausgetrieben hat. Euer Bruder ist genauso, schlimmer vermutlich, von Eurem Vater nicht zu sprechen.«
Nun, wie sollte ich reagieren? Ich war ein Jungspund, kraftstrotzend, der beste Stratege im Raum – zumindest nach meiner Vorstellung – und alles was ich je gewollt hatte, war meinem Vater zu gefallen.
»Ihr nehmt das sofort zurück, oder…«, hab ich ihm gedroht.
»Oder was, Legionär? Was willst Du kleiner Zrech tun?«, war seine Antwort.
Mein Konter war die Faust.

Nur der Name meiner Familie hat mich vor dem Galgen bewahrt. Angriff auf einen hohen Offizier, keine gute Idee. Das ich ihm den Kiefer gebrochen hab, half auch nicht unbedingt. Später habe ich erfahren, dass es mein Vater war, der beim Legat, dem obersten Heerführer, vorstellig wurde und sich für mich eingesetzt hat.
Wiedergesehen habe ich keinen von ihnen.
Das Angebot das ich bekam – und es war nicht die Art von Angebot, die man ausschlagen kann – war meinen Dienst als Legionär an der Nordfront zu verrichten. Das sagt Dir vielleicht nichts, aber damals war das Kaiserreich aus allen Richtungen bedroht. Nur nicht aus Norden. Nördlich der Grenze gab es nur Eiswüsten, wenige eingeborene Eistrollstämme und gelegentlich ein Walross. Dort war es kalt und einsam, sonst nichts.
Immerhin wurde ich sofort als neuer Optio des dort stationierten Centurios eingestellt. Nicht das es großer Strategien bedurft hätte die nördliche Grenze zu sichern. Meine Aufgabe bestand eher darin die Decurios und anderen Unteroffiziere auf Spur zu halten und nötige Disziplinarmaßnahmen durchzusetzen. Beliebt war ich bei den Legionären gewiss nicht.
Vier Jahre gingen so ins Land.

Zwar hatten wir auch zwei Magier oben im Lager, aber trotzdem hielt man es selten für nötig, Nachrichten auch bis zu uns zu schicken. Deshalb trafen uns die Nachrichten vom Krieg, von den massiven Verlusten an der Ostfront unvorbereitet.
Erst hieß es, wir werden mobilisiert, dann kam Meldung, die zweite und dritte Kohorte hätte alles im Griff. Einen Tag darauf kam Meldung, wir müssten doch in zwei Tagen ausrücken um die Ostfront zu unterstützen. Wir haben schon angefangen an den arkanen Botschaften zu zweifeln, die Decurios haben schon gewitzelt, unsere Magier hätten abwechselnde Gehirnfäule.
Dann kam der Späher.

Jahrzehntelang war keinem Feind eingefallen von Norden einen Angriff auf das Kaiserreich zu starten. Gelegentlich ein Scharmützel mit marodierenden Eistrollen, ja, aber das waren keine Gegner. Doch unser Spähposten kam einen Tag früher von seiner Runde zurück, als wir erwartet hatten, völlig erschöpft. Sein Pferd ist direkt bei der Ankunft im Lager zusammengebrochen und keine dreißig Minuten später verendet.
»Truppen!«, hat er geschrien. »Tausende Mann, Infantrie, Kavellerie! Das waren keine Barbaren, das ist ein Heer, eine Armee aus dem Miazinreich!«
Einem Kundschaftertrupp der Finde war er nur knapp entkommen, einen Pfeil haben sie ihm als Souvenir und Beweis im Rucksack stecken lassen.

Der Centurio hätte fast den Kopf verloren, war völlig überfordert. Vermutlich hatte er sich schon damit abgefunden, dass er in dieser Eiswelt irgendwann erfriert und keinen Gedanken mehr an den Kampf verschenkt.
Also habe ich die Planung übernommen, die Anweisungen gegeben, die Strategie ausgearbeitet. Aber ich hätte nie die Truppe auf meiner Seite gehabt. Zu oft hatte ich die Peitsche rausholen lassen und zu jung war ich, als das die alten Legionäre meinen Worten in der Schlacht Gehör geschenkt hätten.
Wir hatten viele Vorteile: Das Gelände war bekannt, die Truppe an die Witterung gewöhnt, die Legionäre hervorragend ausgebildet. Alles was die Miazin hatten war Mannstärke. Ich brauchte nicht lange um den Centurio von meinem Plan zu überzeugen und er brauchte nicht lange, um den Plan an die Truppen zu geben.
In den folgenden zwei Wochen, bis der Nachschub durch die sechste Kohorte eintraf, haben wir gegen eine dreißig zu eins Übermacht durchgehalten. Natürlich haben wir in den engen Schluchten auch empfindliche Verluste erlitten, zwei Drittel unserer Männer waren tot oder verletzt, aber wir haben sie zurückgehalten. Die sechste Kohorte hat dann den Boden mit den verbliebenen Miazin aufgewischt.
Die Gefechte sind als ›Frostbelagerung‹ in die Geschichtsbücher eingegangen, hast vielleicht davon gehört.

Außer dem Centurio wusste niemand, dass es mein strategischer Verdienst war, der uns diesen Sieg gebracht hatte. Leider hielt er es nicht für nötig, jemanden mit der Wahrheit zu belasten. Seine taktische Genialität, brachte ihm die Stelle als Optio des ersten Zenturions der ersten Kohorte ein. Eigentlich ein Rückschritt, von Centurio zu Optio, aber die Chance aus der Kältehölle zu entfliehen und der Stellvertreter des angesehensten Centurios der gesamten Legion zu werden, hat ihn wohl überzeugt. Dankenswerterweise hat man mich zum Centurio befördert.
Immernoch im Norden.

Zwei weitere Jahre brachte ich an der Grenze zu. Die Truppe die mich nicht leiden konnte und ihren alten Centurio vermisste, musste ich irgendwie am Laufen halten, und dabei hab ich mir so einiges abgefroren.
Den Tag an dem der Brief des Praefecten im Lager eintraf, werde ich nie vergessen. Ich hatte morgens zwei Legionäre wegen Glücksspiels zu je zehn Peitschenhieben verurteilt und leitete noch die Besprechung der Decurios, als der Bote mit dem versiegelten Umschlag aus dem nächsten Dorf kam.
Der Bursche war nervös, die vielen bewaffneten in so einem Militärlager verursachen bei den meisten Zivilisten weiche Knie, und übergab mir den Brief mit zitternder Hand. Ich gab ihm einen Sesterz und entließ ihn. Pah, hätte ich gewusst, welche Nachricht er bringt, ich hätte ihm einen Aurus gegeben!
Ich schickte meine Offiziere auf ihre Posten und setzte mich in mein Zelt. Ungläubig habe ich den Umschlag in meinen Händen hin und her gewendet. Das Siegel der Praefecten jagte mir Schauer über den Rücken.
Ich brach das Siegel und las mit bebenden Lippen die Worte, die mein Leben veränderten. Der Legat und die Praefecten hatten endlich begriffen, dass der alte Centurio keine Ahnung von Taktik hatte und Fragen gestellt, Fragen die schließlich zu mir führten. Der Brief lobte meine Arbeit an der Nordfront und meine unbedingte Treue zum Kaiserreich. Man lud mich ein in die Hauptstadt zu kommen und meine Nachfolge zu besprechen.
Keine zwei Wochen später schüttelte ich zwei Praefecten die Hände, die mich als neuen Optio des Primus der ersten Kohorte einsetzten.

Den Dienst als Stellvertreter von Primus Kaligus Maximus habe ich fast sechszehn Jahre ohne zu wanken verrichtet. Die Aufstände in der Provinz N’Tenau haben wir niedergerungen, die Angriffe der Fürsten aus dem Miazinreich zurückgeschlagen und die Rebellion im Westen beendet. Und genau wie ich war sich Kaligus nie zu Schade, selbst an der Front zu kämpfen. »Wenn wir es nicht vermögen, dem Feind ins Gesicht zu blicken, ihm den Speer in die Brust zu stoßen oder mit der Halberte den Schädel zu spalten, wie sollten wir es von unseren Legionären erwarten können?«, hat er zu sagen gepflegt. Diese Narbe hier habe ich von einem Barbaren aus der Wüste Rahera, auch wenn man kaum noch etwas davon erkennen kann. Viele andere Narben und Brüche hat das Feuer verschwinden lassen.
Wir waren ein erfolgreiches Gespann, bis ein Posten als Praefectus der siebten und achten Kohorte frei wurde. Kaligus wurde befördert, und ich hätte seinen Rang bekommen sollen. Dummerweise hatte Praefectus Hyginus ein gutes Gedächtnis, ebenso wie seine Nase. Er hat seinen Großneffen auf die Stelle des Primus der ersten Kohorte gehoben, ein Kind im Vergleich zu mir. Sein Argument? In der Abschlussprüfung für fortgeschrittene Feldstrategien hatte der Bursche drei Jahre zuvor siebenundachtzig von hundert Punkten erreicht, zwei Punkte besser als ich. Zwei. In allen, allen anderen Prüfungen war der Knabe schlechter, oft deutlich schlechter gewesen, hatte nie einen Kampf gesehen. Es war eine Farce.

Aber ich bin ein treuer Mann. Den Dienst hätte ich nie quittiert, stattdessen über meine Jugendsünden geseufzt und meine Bürde getragen. Ich stellte mich schon auf weitere zwanzig Jahre als Optio ein, als unerwartet Lucius vor meiner Kammer auftauchte. Eine besondere Kohorte, die vierzehnte Kohorte des Kaisers, Männer mit besonderen Fähigkeiten, außergewöhnliche Männer, die dem Kaiser dienste erweisen würden, zu denen kein Zenturion in der Lage wäre. Ich hatte von ihm gehört, von seiner unkonventionellen Art und seinem rebellischen Wesen. Keine Geschichte die man in keiner Schenke bei keinem Bier der Welt erzählt hätte, kann einen auf diesen Mann vorbereiten.

Damit schloss Maengon Zrech seine Geschichte. Geomar sah ihn fasziniert an. »Wie kam es, dass die Nordgrenze von einer Hundertschaft mit nur zwei Magiern gehalten wurde?«
Kopfschüttelnd antwortete Meangon. »Oh, Junge, damals war das normal, fast Luxus. Ein, maximal zwei Magier pro Zenturion, zehn pro Kohorte, mehr Arkane hatten wir nicht. Umso heftiger traf es meine Familie, dass ich das Talent nicht geerbt hatte. Es war nicht wie heute, wo du mehr Magier als Ratten in den Großstädten findest. Es gab auch keine Erzmagier die ganze Reiche beherrschten, wie das Terowalt Lladran heute im Westen tut.«
»Ihr müsst mehr davon berichten, die Zeit, die Kämpfe, die Schlachten, da stecken Bücher voll Legenden drin.«
»Hey, bin ich jetzt nicht dran?«, raunte Anaxibos dazwischen.
»Weder noch.«, ergriff Lucius das Wort. »Portius, würde Du erzählen, wie es Dich an meine Seite verschlagen hat?«
Der alte Veteran lehnte seinen großen Zweihänder zur Seite, kniff die Augen zusammen und sah durch schmale Schlitze zu Geomar. »In Ordnung, aber so brav wie Maengons Geschichte wird das nicht.«

Fortsetzung folgt…