In genau einer Woche wird „Die zweite Seele“ offiziell veröffentlicht, schon jetzt könnt ihr das Buch bei Amazon für den Kindle vorbestellen. Heute möchte ich euch eine Leseprobe bieten – die ersten drei Seiten des Buchs als kleiner Vorgeschmack:
Die Stimme des Kommentators kratzte aus den alten Hallenlautsprechern: »Der Ball geht an Miller. Miller dribbelt vor, wird an die Seitenlinie abgedrängt. Er versucht, seinen Gegner auszuspielen. Miller kommt nicht vorbei und passt zu Szowski. Der Ball fliegt direkt weiter zu Hearth, Hearth setzt zum Wurf an. Sie wirft. Der Ball prallt am Ring ab und geht an den Small Forward der Renegades. Die Matadors sind wieder in der Defense und versuchen, umzuschalten. Miller wird von Brockney abgeschirmt, es geht vier gegen vier zum Korb der Matadors. Ein angetäuschter Wurf von Williams, aber der Ball geht zu Ewalt, der zieht unter den Korb und legt den Ball problemlos rein. 28:23 für die Iowa Renegades, noch vier Minuten im dritten Viertel zu spielen. Dieses schnelle Spiel der Gäste nimmt den Matadors immer wieder die Luft. Wenn sie das Spiel noch spannend machen wollen, müssen die Matadors lernen, schneller zwischen Angriff und Verteidigung zu wechseln.
Der nächste Angriff der Matadors geht wieder über Miller. Pass zu Hearth, schnell zu McGythforth, die zu einem Dreipunktewurf ansetzt. Verzweiflungstat? Der Ball prallt von Ring und Brett ab. Wer macht den Rebound? Hearth ist unter den Korb gekommen und kriegt den Ball. Sie wirft! Pfiff, das war ein Foul von Ewalt. Das ist schon das vierte Foul vom Small Forward der Renegades. Hearth ist an der Linie und bekommt zwei. Ich schaue kurz auf die Statistik … ja, sie hat eine gute Quote von fast fünfzig Prozent von der Freiwurflinie. Der erste Wurf sieht gut aus … und sitzt. Das Publikum jubelt. 28:24. Jetzt der zweite Wurf … nein, der Ball verspringt und geht an Williams.
Die Renegades nehmen etwas Tempo raus und bauen ihren Angriff langsam auf. Das Aufbauspiel geht über Williams zu Brockney. Zurück zu Williams. Pass zu Ew… abgefangen! Hervorragendes Auge von Hearth, die heute wieder ein super Spiel macht. Sie zieht auf den Korb der Renegades zu, aber da kommt Brockney. Oh shit, Brockney ist zu schnell. Beide krachen gegeneinander, Hearths Rollstuhl kippt und schlittert einige Meter über das Feld. Uhh, das hat sicher wehgetan. Auch die Fans halten geschockt den Atem an. Brockney wiegt sicher dreißig Kilo mehr als die junge Frau und hat sie geradezu getackled, völlig unnötiges Spiel. Der Schiedsrichter unterbricht die Partie und der Coach der Minneapolis Matadors rollt auf das Feld, gefolgt von seinem Assistenten. Die Sanitäter sind auch schon auf dem Weg.«
»Alles in Ordnung, Melina?« Coach Rivers kam neben dem gekippten Rollstuhl zum Stehen.
Melina atmete scharf ein. »Ich … ich glaube schon.« Mühsam versuchte sie, den Rollstuhl wieder aufzurichten. Christopher, der Trainerassistent, trat hinzu und half. »Du weißt, dass ich das sonst allein kann, Chris.«
Er lächelte auf sie hinunter. »Ja, weiß ich.«
Sie wischte sich den Pferdeschwanz aus dem Gesicht, hielt prüfend ihre linke Schulter und verzog das Gesicht.
»Tut es weh?«, fragte der Coach.
»Ach was, halb so wild. Aber wer hat überhaupt die Dampflok auf das Feld gelassen?«, fragte sie und lächelte dabei gequält.
»Die spielen wie die Wildsäue, diese Hinterwäldler aus Iowa.« Clarissa war neben Melina gerollt und deutete mit dem Kopf in Richtung der gegnerischen Mannschaft, die gerade hitzige Diskussionen mit den Schiedsrichtern zu führen schien.
»Hey, Chris, hast du vorhin meinen Dreier gesehen?« Die junge Frau winkte dem Assistenten zu. Christopher lächelte verlegen zurück.
»Miss Hearth, soll ich mir Ihre Schulter ansehen? Das war ein böser Sturz.«
Der Sanitäter war fünfzig und hatte ein gutmütiges, von einem rauschenden grau-schwarzen Vollbart umrahmtes Lächeln.
»Nein, ich glaube, es …«
Melina versuchte, ihren Arm zu drehen, musste aber die Bewegung abbrechen. Sie legte den Kopf schief und presste die Zähne aufeinander.
»Lassen Sie mich mal sehen, Miss Hearth.«
Er tastete vorsichtig Arm und Schulter ab und beobachtete dabei die Zuckungen in ihrem Gesicht.
»Und, wie sieht’s aus?«, schaltete sich Clarissa wieder ein. Jetzt kam auch der Schiedsrichter zu der kleinen Gruppe gelaufen.
Der Sanitäter antwortete: »Es ist vermutlich nur eine Prellung, aber wir sollten trotzdem röntgen, nur um sicherzugehen, dass es keine Probleme mit der Schulter gibt.«
»Die beiden Freiwürfe muss dann wohl jemand anders übernehmen«, murmelte der Schiedsrichter halblaut.
»Wie bitte?«, Clarissa lief rot an und kniff die Augen zusammen. »Haben Sie diesen Angriff gesehen? Wir sind doch hier nicht beim American Football, oder hab ich was verpasst? Und dafür gibt es nur zwei lausige Freiwürfe?«
Sowohl der Schiedsrichter als auch Coach Rivers hoben beschwichtigend die Arme. »Clarissa, beruhig dich«, mahnte ihr Coach. »Im Spiel sind nur zwei Freiwürfe zulässig.« Dann wandte er sich zum Schiedsrichter. »Aber das ist vermutlich nicht die einzige Strafe?«
»N… nein, Brockney bekommt eine Sperre wegen übertriebener Härte. Er ist mindestens für dieses Spiel raus, dann geht mein Bericht an die Divisions-Leitung und die können ihn auch noch länger sperren.«
Melina legte ihre Hand auf Clarissas Bein und flüsterte: »Siehst du, geht alles gerecht zu.«
»Das will ich aber auch hoffen, der Kerl hält sich wohl für einen Rammbock oder so was. Kann doch Rollstuhl-Rugby spielen, wenn er sich unbedingt prügeln will.«
Milde lächelnd tätschelte Melina das Bein ihrer Freundin, bevor sie vom Sanitäter vom Spielfeld geschoben wurde. »Schreib mir nachher, wie es ausgegangen ist!«
»Natürlich Süße. Und du schreib mir, was der Arzt sagt.«
Noch sieben Tage, dann könnt ihr das ganze Buch lesen. Ich bin schon ganz aufgeregt.